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Berliner Erklärung des Netzwerks Flächensicherung
Das Netzwerk Flächensicherung ist ein Bündnis von Initiativen, die in Deutschland Flächen für eine ökologische, regionale und bäuerliche Bewirtschaftung sichern. Uns eint der Ansatz, die Frage des Eigentums von Grund und Boden in den Mittelpunkt unseres Handelns zu stellen.
Durch die Sicherung von Landwirtschaftsflächen tragen wir dazu bei, dass Boden dauerhaft einer agrarindustriellen oder spekulativen Nutzung entzogen wird. Dieses Land stellen wir Bauernhöfen zur Verfügung, die unsere Ziele teilen und mit uns gemeinsam der voranschreitenden Konzentration von Grundeigentum entgegentreten wollen. Landwirtschaftlichen Existenzgründer*innen soll ein leichterer Zugang zu Agrarland ermöglicht werden.
Im Jahre 2018 haben wir eine Veranstaltungsreihe, bestehend aus vier regionalen Workshops zu den Themen Hofnachfolge, Bodenmarkt/Zugang zu Land, kooperative Wirtschaftsformen und regionale Entwicklung, durchgeführt. Am 25.10.2018 findet die Abschlussveranstaltung in Berlin statt.
Bei den Workshops kamen regionale und bundesweite Akteurinnen und Akteure aus Landwirtschaft, Verbänden, Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Politik miteinander ins Gespräch, um gemeinsam Ansätze und Forderungen zu entwickeln, wie das Höfesterben in Deutschland gebremst und neue, zukunftsfähige Wege in der Landwirtschaft beschritten werden können.
Unser Bild von einer zukunftsfähigen Landwirtschaft in Deutschland
Unsere Vision von einer zukunftsfähigen Landwirtschaft besteht in einer Vielzahl bäuerlicher Betriebe, die ökologisch nachhaltig und sozial fair wirtschaften. Wir messen der Vielfalt von Betrieben eine herausragende Bedeutung zu, denn sie garantiert eine Vielfalt im Anbau und damit eine strukturreiche Feldflur mit hohem Wert für die Biodiversität.
Außerdem schafft sie Arbeitsplätze in strukturschwachen Regionen, Lebensqualität in den Dörfern und ermöglicht konkrete Berührungspunkte mit unserer Lebensmittelproduktion. Für manche kann sie einen Bezugspunkt „Heimat“ in einer zunehmend globalisierten und entwurzelten Gesellschaft verkörpern.
Bäuerliche Betriebe, so wie wir sie sehen, richten sich am Prinzip der Kreislaufwirtschaft aus, bei der die jeweiligen Standortbedingungen und die Produktionsweisen deutlich stärker berücksichtigt werden, als es bei vielen „entkoppelten“ Betrieben der Fall ist. Eine Voraussetzung dafür ist die Verwurzelung des Landwirts/der Landwirtin in der Region, um als „Ansprechpartner*in“ seines oder ihres Betriebsmodells für die Menschen vor Ort und darüber hinaus zur Verfügung zu stehen.
Daraus folgt eine wesentlich stärkere Ausrichtung auf regionale Versorgung und Stoffkreisläufe im Gegensatz zur export- und stark inputorientierten Landwirtschaft. Wir meinen, dass durch eine vornehmlich bio- und regional ausgerichteten Landwirtschaft am besten globale Verantwortung wahrgenommen und internationale Entwicklungsziele (SDGs) wie zum Beispiel im Klimaschutz, Biodiversitätsschutz, Ernährungssicherung und globale Gerechtigkeit erreicht werden können.
Ein zentrales Element unserer Vision von Landwirtschaft sind neue und alte (wiederbelebte) Formen der Kooperation. Nicht das Profitinteresse der Betriebe sollte im Mittelpunkt stehen, sondern deren soziale Einbindung in die Gesellschaft. Hierfür bedarf es persönlicher Kontakte und Beziehungen, es braucht das gemeinsame Tragen von Risiko und Verantwortung, eine Überschaubarkeit der beteiligten Akteure und transparentes Handeln.
Wir sehen diese Formen der Kooperationen vor allem in Betrieben der Solidarischen Landwirtschaft, in Erzeugergemeinschaften, Bodengenossenschaften und Bürgeraktiengesellschaften, in vertikalen Kooperationsmodellen mit Abnahmegarantien und Formaten wie runden Tischen realisiert. Alle Kooperationen sollten auf Augenhöhe funktionieren und ein faires Auskommen entlang der Wertschöpfungskette garantieren. Sie beziehen explizit die Verbraucher*innen als so genannte „Prosumer“ in die Wertschöpfung und Finanzierung mit ein und sorgen dadurch für ein besseres Verständnis für die realen Arbeits- und Produktionsbedingungen in den Betrieben, für einen direkteren Bezug zur eigenen Lebensmittelversorgung und für eine gelebte Beziehung zwischen Stadt und Land.
Angesichts des massiven Höfesterbens und ungeklärter Hofnachfolge sehen wir in Neu- und Quereinsteiger*innen einen wichtigen Personenkreis, den es für eine zukunftsfähige Land- und Ernährungswirtschaft zu unterstützen gilt.
Sie bringen neue Ideen (z.B. zu Finanzierungen über Crowdfunding oder Betriebsmodellen wie Market-Gardening) und Kompetenzen (Direktvermarktung über Solawi oder innovative Anbauverfahren wie Agroforst) in die Landwirtschaft ein, vitalisieren dadurch den ländlichen Raum und stellen stärkere Verbindungen zwischen Stadt und Land her. Die neuen Formen der Kooperationen können den Neu- und Quereinsteiger*innen eine wichtige Basis bieten, ihr innovatives Potenzial zu entfalten.
In unserem Bild ergänzen sich alte und neue Strukturen in der Landwirtschaft, junge und alte Akteur*innen verlieren nach und nach ihre Skepsis, arbeiten auf Augenhöhe zusammen und schaffen dadurch ein neues Geflecht von landwirtschaftlichen Betrieben mit hoffnungsvoller Perspektive für Menschen, die in Land- und Lebensmittelwirtschaft einsteigen und sich dort verwirklichen wollen.
Was passieren muss
Um diese Vision zu realisieren müssen eine Reihe von aktuellen Rahmenbedingungen angepasst und neue Strukturen geschaffen werden. Ein wichtiger Kernpunkt unseres Anliegens ist es, Neu- und Quereinsteiger*innen sowie existierenden bäuerlichen Betrieben Zugang zu Land zu verschaffen (oder zu sichern) und sie mit dem nötigen Know-How und Investitionskapital auszustatten.
Als wesentliche Eckpunkte eines „Politischen Programms zur Schaffung einer zukunftsfähigen Agrarstruktur“ sehen wir:
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Das Grundstückverkehrsgesetz muss endlich so genutzt werden, wie es vom Gesetzgeber vorgesehen wurde: Zur Sicherstellung der gesunden Verteilung von Grund und Boden und einer breiten Eigentumsstreuung. Darüber hinaus sollte ein Konzentrationsvorbehalt bzw. eine Konzentrationsobergrenze für die Genehmigung des Verkaufs oder der Verpachtung von Land eingeführt werden.
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Anteilskäufe (so genannte Share Deals) in der Landwirtschaft müssen im Einklang mit dem Grundstückverkehrsgesetz sein. Zudem muss die Erfassungsgrenze für Share Deals im Grunderwerbssteuergesetz von derzeit 95 % auf mindestens 50 % herabgesetzt werden.
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Die noch vorhandenen Flächen der Bundesverwaltungs- und verwertungs GmbH (BVVG) müssen in eine Bundesstiftung überführt werden, die explizit den Zugang zu Land für ortsansässige Betriebe, Existenzgründer*innen und Quereinsteiger*innen ermöglicht.
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Die Verpachtung von landwirtschaftlichen Flächen im Besitz von Kommunen, Ländern oder des Bundes sollte nach agrarstrukturellen Kriterien erfolgen und Junglandwirt*innen, Neugründer*innen sowie kleinere und mittlere bäuerliche Betriebe begünstigen. Wir regen die Einführung von kommunalen Bodenfonds an.
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Die 2019 anstehende Grundsteuerreform muss dafür genutzt werden, steuerliche Anreize zum Erhalt landwirtschaftlicher Flächen und zur Einführung und langfristigen Fortführung naturschonender Wirtschaftsweisen in der Landwirtschaft zu setzen.
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Wir fordern für den Haushalt 2019 ein „Bundesprogramm Zugang zu Land“ als Förderprogramm, um Beratung und Coaching für Betriebsneugründer und Betriebsabgebende auszubauen, die außerfamiliäre Hofnachnachfolge besser zu unterstützen sowie alternative Ansätze für den Zugang zu Land zu stärken, ausgestattet mit mindestens 5 Millionen Euro.
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Wir fordern die Bundesländer auf, die Debatte über die Zukunft der ländlichen Räume als einen gesellschaftlichen, partizipativ angelegten Diskussionsprozess zu gestalten, aus dem ein den jeweiligen regionalen Besonderheiten angepasstes Landesprogramm für zukunftsfähige Agrarstruktur hervorgeht.
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Es braucht ein flächendeckend angebotenes Beratungsmodul für Existenzgründungen in der Landwirtschaft auf Landesebene mit ausreichend finanzieller Ausstattung.
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Es braucht eine breit angelegte Investitionsförderung für Neu-Einsteiger*innen nach Vorbild von Sachsen-Anhalt, jedoch mit angepassten Fördermöglichkeiten auch für kleinere Betriebe deren Jahresumsatz unter 200.000 Euro liegt.
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Das Thema (außerfamiliäre) Hofnachfolge muss konkret auf die politische Agenda der Bundesländer: Dazu gehören eine Kommunikationsstrategie, die Klärung von Vertragsmodalitäten, die Erstellung von entsprechenden Vorlagen sowie breite Beratungskapazitäten.
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Regionale und ökologisch produzierte Lebensmittel müssen über die öffentliche Beschaffung (Schulen, Kitas, Kantinen etc.) viel stärker nachgefragt werden. Die hierfür notwendigen Anpassungen der Vergaberichtlinien müssen umgesetzt werden.